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Exzellenz Start-up Center.NRW an der WWU – Projektleiter Prof. Dr. Thorsten Wiesel im Interview

Das Land Nordrhein-Westfalen unterstützt die WWU-Pläne für das erste münstersche Gründungszentrum. Mit dem Konzept „ESC@WWU“ zur Stärkung der Gründungsexzellenz ist die WWU als eine von sechs Gewinnerinnen aus der Initiative „Exzellenz Start-up Center.NRW“ des nordrhein-westfälischen Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hervorgegangen. Die Exzellenz Start-up Center.NRW sollen sich mit Partnern in der regionalen Wirtschaft, Akzeleratoren, benachbarten Hochschulen, Technologiezentren und den Digital Hubs vernetzen. Die teilnehmenden Universitäten haben die Aufgabe, eine gelebte Gründungskultur zu etablieren und Gründungsvorhaben zu unterstützen. Mit der Gründung eines Exzellenz Start-up Center.NRW an der WWU wird die Mission verfolgt, eine „zentrale Plattform für Gründungen von exzellenten wissens- und technologiebasierten Unternehmen innerhalb des Ökosystems EUREGIO“ zu erzeugen. Dafür sollen alle Gründungsaktivitäten der WWU im Center gebündelt werden, so besser sichtbar sein und mittelfristig auch an einem innerstädtischen Ort zusammengeführt werden. Von nun an liegt die gemeinsame Aufgabe darin, das Startup-Ökosystem in Münster, im Münsterland und in der EUREGIO auf ein neues Level zu heben.

 

Herzlichen Glückwunsch zur erfolgreichen Einwerbung des Exzellenz Start-up Centers für die WWU! Was bedeutet dieser Erfolg genau für die WWU und den FB4?

Herzlichen Dank. Dieser Erfolg läutet eine neue Gründerzeit an der WWU ein. Schon seit einigen Jahren verfolgt die WWU eine nachhaltige Strategie, um Forschungsergebnisse besser zu verwerten. Insbesondere durch die Ansiedelung von außeruniversitären Forschungseinrichtungen wie den Fraunhofer Instituten, des Max-Planck Instituts und des Helmholtz-Instituts oder die Erarbeitung einer Patentstrategie wurden erste Grundsteine gelegt. Im Zuge der weiteren strategischen Ausrichtung mit einem Prorektorat für Transfer hat die WWU dies nochmals unterstrichen. Mit den eingeworbenen Mitteln kann die WWU nun neben Forschung und Lehre den Transfer als dritte Säule der universitären Arbeit etablieren.

 

Als Studiendekan sind Sie auch für das Studienangebot am FB4 zuständig. Sind durch den Antrag am FB4 Änderungen in der Lehre geplant? Was hat der FB4 von dem Erfolg?

Der FB4 kann durch den Erfolg eine bedeutende Rolle innerhalb der WWU einnehmen und mit seiner breiten wirtschaftswissenschaftlichen Expertise ambitionierten wissens- und technologiebasierten Gründungsvorhaben auf die Erfolgsspur helfen. Für die Studierenden des FB4 ergeben sich hier spannende und neue Ansätze beispielsweise durch gemeinsame Veranstaltungen, um gemeinsam mit den exzellenten Forschungsbereichen der WWU in Geistes-, Lebens- und Naturwissenschaften neue Geschäftsmodelle und Unternehmen zu entwickeln. Weiterhin wird der FB4 anderen Fachbereichen sein Know-how noch mehr als zuvor anbieten. Bereits heute zeigen beispielsweise die Kollegen Leker und Löschel, sowie der Wirtschaftsinformatik, dass wirtschaftswissenschaftliches Wissen in interdisziplinären Projekten eine wichtige Erfolgskomponente ist. Der vom Kollegen Vossen initiierte Wettbewerb ERCIS Launchpad ist ebenfalls ein erfolgreiches Format des FB4, auf dem wir aufbauen. Eine Stärke des FB4 ist die sehr breite Ausbildung in den Wirtschaftswissenschaften. Auf Entrepreneurship wird an vielen Stellen am FB4 eingegangen, aber diese Aktivitäten sind bisher noch nicht so strukturiert und vernetzt, wie sie sein könnten. Die Studierenden monieren dies bei vielen Gelegenheiten und dies aus meiner Sicht zu Recht. Wir werden, wie die Dekanin bereits öffentlich verkündet hat, einen Minor Entrepreneurship im Master einführen und diesen auch für Studierende anderer Fachbereiche öffnen, sodass das gründungsrelevante Wissen auch in die gesamte Universität strahlt. Dazu haben wir eine Entrepreneurship-Professur und vier Juniorprofessuren zu gründungsrelevanten Themen beantragt. Gerade die Juniorprofessuren sollen interdisziplinär aufgestellt sein, so dass die Integration und der Austausch über die Fachbereiche hinweg sichergestellt werden.

 

Der Antrag besteht aus mehreren Handlungsfeldern. Können Sie kurz erläutern, was das ESC@WWU genau vorhat?

Neben der Qualifizierung in gründungsrelevanten Bereichen werden wir zum Beispiel insbesondere auch die Studierenden im Lehramt sensibilisieren, sodass Gründungsaffinität schon in der Schule eine Rolle spielt. Warum gibt es ein Planspiel Börse aber kein Planspiel Unternehmertum, haben wir uns gefragt? An vielen weiteren Stellen haben wir kritisch hinterfragt, was eine Universität tun kann, um ein gründungsaffines Klima zu entwickeln. Dazu haben wir vier Handlungsfelder mit insgesamt über 30 Einzelmaßnahmen vorgesehen, unter anderem um die Aktivitäten in der Talent- und Ideensuche auszubauen und die Unterstützung bei Gründungen zu forcieren. Insgesamt soll sowohl die Anzahl als auch die Qualität der Start-Ups an der WWU und im Umfeld deutlich erhöht werden.

 

Es wurde von der Jury unter anderem das Nachhaltigkeitskonzept gelobt. Was ist damit genau gemeint?

Das Nachhaltigkeitskonzept besteht aus einer inhaltlichen und einer finanziellen Säule. Zum einen ist ein wesentlicher Bestandteil des Konzepts die Rückkopplung von Forschungsfragen, die sich aus den Gründungsprojekten ergeben. Aus dieser Rückkopplung werden sich neue Forschungsfragen und wiederum Anwendungsmöglichkeiten ergeben. Wir sind glücklich, dass sich so viele Unternehmen, Verbände, Vereine und Initiativen im Münsterland und in der EUREGIO dem Antrag angeschlossen und ihn mit einem Letter of Intent unterstützt haben. Wir werden nun gemeinsam aktiv ein gründungsaffines Ökosystem in der EUREGIO gestalten. Auch werde ich meine eigene Forschung einbringen und ein wertbasiertes Qualitätsmanagement für Start-ups aber auch für das ESC entwickeln. Die finanzielle Säule der Nachhaltigkeit umfasst die Garantie der WWU, im Center einzurichtende Stellen unbefristet zu besetzen, um dadurch eine dauerhafte strukturelle Verankerung in der Universität zu gewährleisten und qualitativ hochwertige Bewerbungen zu erhalten. Die finanzielle Säule der Nachhaltigkeit war laut Juryurteil ein Pfund bei der Bewerbung und dafür möchte ich Herrn Wessels und Herrn Schwarte an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich danken!

 

Sie erwähnen die EUREGIO, den ersten europäischen kommunalen Zweckverband. Warum ist dies wichtig für den Antrag?

Die EUREGIO besteht aus Gemeinden in NRW, Niedersachsen und den Niederlanden. Insbesondere ist uns dabei wichtig, sowohl die Region und den hier verorteten starken Mittelstand mitzunehmen, als auch das bestehende Netzwerk zu stärken. Dabei spielen die Universität Twente in Enschede, die als „the most entrepreneurial university of the Netherlands“ bezeichnet wird, der Digital Hub MünsterLAND und die Fachhochschule eine besondere Rolle, da sie zu den strategischen Partnern des Konzepts gehören. Mit dieser überregionalen und grenzüberschreitenden Komponente können wir in einem gemeinsamen Ökosystem unsere Stärken und Potenziale noch besser als bislang ausschöpfen.

 

Das geschilderte Vorhaben klingt sehr ambitioniert. Wie haben Sie es überhaupt geschafft innerhalb der kurzen Ausschreibungsfrist einen erfolgreichen Antrag zu schreiben und wie haben Sie vor, die Maßnahmen umzusetzen?

Die Erstellung des Antrags war eine absolute Teamleistung. Ich konnte Maurice Oosenbrugh von Eucon und Paul-Josef Patt von eCapital gewinnen, ihre praktische Expertise einzubringen und auch zukünftig eine wichtige Rolle im ESC zu spielen. Weiterhin ist der Antrag natürlich eine universitätsweite Vernetzungsleistung, bei der sich alle Fachbereiche hinter den Antrag gestellt und viel Input gegeben haben. Hier bin ich besonders den einbezogenen „Principle Investigators“ quer durch alle Fachbereiche der WWU für deren bereitgestellte Expertise und Beratung dankbar. Mein Dank gilt aber auch dem kleinen aber feinen Kernteam: Janita Tönnissen (derzeit einzige Gründungsberaterin der WWU), Friedrich Bach (Dekanatsassistent des FB4) und Ninja Schmiedgen (Geschäftsführerin der WWU.Campus.GmbH und Teilnehmerin des Weiterbildungsmasters Hochschul- und Wissenschaftsmanagement). Zusätzlich gebührt ein herzlicher Dank an Prof. Dr. Ludwig als Vorsitzender des Forschungsbeirats der WWU. Nicht zuletzt danke ich auch unserer Dekanin, Prof. Dr. Theresia Theurl, und insbesondere unserem Rektor, Prof. Dr. Johannes Wessels, für die unermüdliche Unterstützung des Antrags.

 

Was werden Sie nun als erstes tun?

Erstmal kurz durchschnaufen. Als nächstes müssen wir natürlich noch die Anmerkungen der Jury in den Antrag einarbeiten – schließlich soll die Förderung bereits ab dem 1. Mai 2019 beginnen. Gleichzeitig werden wir Gespräche mit allen Fachbereichen aufnehmen, um das integrierte Konzept zum Leben zu erwecken.